Es ist wichtig, dass man Essence und Linie nicht mit Stil verwechselt.
Stile werden je nach Essence und Linie anders umgesetzt.
Wenn ich als nächstes zu den konkreten Archetypen übergehe und du bestimmt fleißig pinterest anwerfen wirst, bedenke dass die Beispiele im Netz nur dem Klischeestil entsprechen. Das demotiviert anfangs vielleicht. Aber –
Es ist fast jeder Stil mit fast jedem Archetypen möglich!
Man muss manchmal nur ein bisschen tricksen und um die Ecke denken. Manchmal auch eine andere Abzweigung nehmen. Meist aber in größeren Kategorien denken und sich unter Umständen von zu konkreten Wunsch-Einzelteilen losreißen. Oft müssen nur Kleinigkeiten (Stoff, Farbe, Musterform etc.) verändert werden, um es perfekt für den eigenen Körper zu machen. Ich helf da auch echt gern mit dem Brainstorming!
Ich hab für meine Bilderbeispiele Steampunk gewählt. Mit mehr Zeit hätt ich sicher bessere Bilder gefunden, aber ich finde, sie geben eine recht große Bandbreite an Möglichkeiten der Umsetzung innerhalb eines Stils wieder.
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Quellen: eins zwei drei vier fünf sechs sieben acht neun |
Kannst du schon ein bisschen die unterschiedlichen Linien und Essences erkennen? Hier ist alles mögliche vertreten, von rund bis eckig, von yin nach yang und verschiedene Essences. Und trotzdem ist jedes Outfit eindeutig Steampunk.
Leider gibt es aber auch gewisse Grenzen. Auch wenn man Stile wie Steampunk, French Chic, Ethno oder Minimalismus natürlich meist auf jeden Archetyp ummünzen kann, es kann sein, dass deine Wunschausprägung nicht dabei ist. Ich hab, noch im geheimen Bereich, auf pinterest versucht, alle Archetypen in einem möglichst minimalistischen Stil darzustellen, aber je mehr ich auf die Yin-Seite gekommen bin, desto schwieriger wurde es. Yinny Sachen sind einfach sehr kleinteilig und schnörkselig. Vor allem Romantic schlicht und eher schnörkellos darzustellen wirkt so seltsam. Mal schauen, ob ich das doch noch veröffentliche… Ich bin ja selbst ein Romantic (jaaa, ich weiß ich greife vor, aber ihr habts eh schon alle auf pinterest und TIB geschaut) und auch wenn ich mich als Minimalistin verstehe, mein Stil ist es nicht. Der ist schnörkselig und mit recht vielen Details eigentlich. Ich regel das eher über Kleidungsstückzahlen. Auch Gamine braucht eine höhere Detaildichte. Man muss da eher innerhalb seines Typs denken. „Minimalistisch, für einen Romantic.“ etc.
Du kannst natürlich trotzdem alles anziehen, was du willst. Aber die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass du nach der Auseinandersetzung mit Archetypen sowohl Kleidung, als auch dich selbst, mit anderen Augen siehst.
Aber es kann natürlich trotzdem sein, dass der Weg über die Archetypen nicht deiner ist. Ich finde sie zwar genial, aber das musst du nicht auch so sehen. Viele Wege führen zum guten eigenen Stil, und die Meinungen dazu, was guten Stil ausmacht, sind ja durchaus mannigfalt. Pick dir raus, was dich inspiriert und was dir hilft. Ignorier den Rest.
Ich komme endlich zum Punkt: Linien, Essence und Stil sind drei verschiedene Konzepte, die gerne verwechselt werden.
Linien sind die Basis. Was fällt einem als erstes ins Auge? Meine Körpergröße, mein Knochenbau oder meine Kurven? Wie ist die Form von Schultern, Becken, Kiefer? Bin ich (egal was ich tu) eher weich oder muskulös? Wie sind die Linien in den Kleidungsstücken – Grad der Tailierung, Schnitte, Musterformen etc.? Linien sind sehr konkret. Zu einem gewissen Grad (ab)messbar.
Essence (oder Vibe) ist die Filmrolle, sie ist abstrakter und nicht immer konkreten Körpereigenschaften wie Knochenbau oder Lippenform zuzuordnen. Zwei gleiche Linientypen können verschiedene Essences haben – Diva und Kriegerin zum Beispiel.
Stil ist eine Sammlung bestimmter Elemente wie Muster, Materialien, Schnitte und Farbwirkungen und globaler gefasst. Jeder Linientyp und jede Essence setzt den selben Stil unterschiedlich um. Es ist sehr viel möglich, aber es gibt auch Grenzen.
Den Begriff Archetyp verwende ich als Überbegriff für Linientypen und Essences. Nicht für Stiltypen.
Linien, Essences und Stile hängen miteinander durchaus eng zusammen, können aber auch unabhängig voneinander angewendet werden. Je nachdem, was einem halt liegt oder weiterbringt.
Auch Vanessa von stylesyntax hat sich damit auseinandergesetzt.
Ein bisschen muss man leider im Netz aufpassen. Nicht alle verwenden Linientyp und Essence getrennt, es ist meist viel schwammiger als ich es dargestellt hab, auch wegen den Überschneidungen und Zusammenhängen. Vor allem Neulinge sehen Stile anfangs zu eng mit bestimmten Archetypen verknüpft bzw. umgekehrt, obwohl eigentlich sooo viel möglich ist. Pinterest ist da besonders anfällig, auch weil das verfügbare Bildmaterial viel zu eng fasst. Klar werde auch ich auf Pinterestboards verweisen, aber immer nur mit fettem fettem Disclaimer.
Das ist ziemlich verwirrend an der ganzen Sache, denn es existieren mehrere Systeme parallel (Stilberater haben meist ihr eigenes, das sich leicht von den anderen unterscheidet) und Begriffe werden mal so und mal so verwendet. Es ist nun mal keine richtige Wissenschaft. Ich hoffe aber, dass dir durch meine Blogreihe einiges soweit klar wird, dass du dich ohne zu großen Knoten im Hirn durch die Onlineressourcen lesen kannst. Da kommt natürlich außer den in den Postings verlinkten Sachen noch eine kommentierte Linkliste.
Es werden dir auch viele Archetypennamen im Netz unterkommen, die dann aber nur den Stil allein beschreiben. Gamine zum Beispiel existiert sowohl als Hardware-Archetyp (der als konkreten Stil nicht unbedingt Bubikrägen und gestreifte T-Shirts anziehen muss), als auch reiner Software-Stiltyp, der natürlich von einer Hardware-Gamine auch umgesetzt werden kann (evtl. aber leicht verändert werden muss). Diese Schwammigkeit ist einer der Gründe, warum Archetypen oft sehr klischeemäßig dargestellt werden.
Ja ich weiiiß, es ist verwirrend. Vielleicht bin ich auch keine soo gute Erklärfee. Aber ich bemüh mich. Und das Thema Klischees und Stile und Archetypen und wie das zusammenhängt usw. wird noch oft genug auftauchen und hoffentlich immer klarer.
Aber als nächstes gehts eh schon eeeendlich an die konkreten Archetypen und Systeme. Ich denk, da wirds dann gleich viel klarer. Mit diesem abstrakteren Konzeptblock vorher wollte ich vermeiden, dass du zu sehr in Klischee-Fallen tappst.