materialfehler hat ein Smartphone – die ersten 2 Monate

Angefangen hats mit diesem Tweet:

Der 17. September 2015 – der Tag, an dem ich nachgab und jetzt auch so ein kack Smartphone hab

— Tordis Alverlund (@materialfehler) 17. September 2015

Oder eigentlich hats vorher noch angefangen.

Bis zum Sommer 2015 habe ich nie das Bedürfnis gehabt, ein Wischtelefon zu besitzen. Ganz im Gegenteil, ich wollte ganz dringend keines haben. Es konnte nix, das ich nicht lieber mit dem Laptop oder Tablet machen wollte.
Generell bin ich immer so, dass ich neue Dinge und Entwicklungen erstmal beobachte, so auch bei den Tablets. Seit 2013 hab ich deswegen eines (ein gebrauchtes), weil ich einen sehr fetten Stapel an Papers für Uni und Diplomarbeit mobil bei mir tragen konnte und die Textmarkerfunktion war auch genial. Bildschirmgröße mit 10 Zoll auch optimal für mich, und ich brauch die Tablet/Smartphone-Funktionen ja unterwegs kaum.

Diesen Sommer gab es einige Situationen, wo ich mobiles Internet dringend gebraucht hätte. Da hätte ich allerdings auch eine Simkarte in das Tablet stecken können, vielleicht prepaid oder sowas. Trotzdem hab ich das Gefühl gehabt, jetzt doch wirklich ein Smartphone zu benötigen. Weil mein Freund so nett ist, hat er mir sein Reservehandy geschenkt, ein iPhone4 von 2011. Für 30€ repariert und schon hat man also ein Smartphone.

Die ersten Tage waren irgendwie witzig, weil ich eine unglaubliche Aggression auf das Ding gehabt hab, wenn ichs nur angeschaut hab. Dabei hat es mir gar nix getan, es war nicht lästig und gar nix. Aber die Simkarte wurde kleiner geknipst, damit sie in das Smartphone passt und so war kein Weg zurück zu meinem alten tollen Handy, das NIX kann, außer telefonieren, smsen und bei einer SMS Miau machen (Es kann miau machen!!! Damit hab ich immer alle Katzenmuttis um mich herum ganz nervös gemacht).
Es war irgendwie fast ein kleiner Kulturschock.

Der Unterschied zum alten Tastenhandy hat sich im Alltag gar nicht so stark bemerkbar gemacht, weil ich bereits ein Tablet gehabt hab und sich so die Nutzung nur aufgeteilt hat.

Meine Plusse und Minusse

Der Plural schaut geschrieben sehr seltsam aus, deswegen bleibt das so.

Was ich am Smartphone gut finde

  • Im Gegensatz zum Tablet lockt mich die intensive Internetnutzung auf dem Mikro-Bildschirm (3,5 Zoll) so überhaupt nicht. Es wird das notwendigste nachgeschaut, das wars. Dadurch verleitet es mich auch nicht dazu, beim kurzen Emailschecken einfach mal weiterzusurfen. Mir kommt vor, die Zeit die ich online verbringe, ist etwas zurückgegangen. Aber ich kann mir das auch einbilden.
  • Ich kann die meiste Zeit meinen Laptop, und nun auch mein Tablet, einfach verräumen. Dadurch liegt weniger Zeug und Gekabel herum.
  • Normalerweise plapper ich so viel, dass auch meine Chatmitteilungen gerne halbe Romane werden. Das finde ich nicht immer so gut. Durch die nervige Mikrotastatur, die trotzdem das halbe Display verdeckt, halte ich mich ganz automatisch kurz. Kürzer jedenfalls. (Kommentar vom Freund: „Oder so.“)
  • Dass es alt und klobig ist <3 Ich liebe alte und klobige Technik einfach!
  • Es ist durch die Größe viel mobiler als mein 10“ Tablet. Ich mags nicht, Zeug mit mir rumschleppen zu müssen, das sich so schwer anhängt.
  • Wenn ich Leute besuche, v.a. über Nacht, hab ich mein eigenes Internetgerät dabei. War schon öfters angenehm.
  • Ich finde es gut, dass mein Wischtelefon klein und etwas klobig ist und deswegen gut in meiner Hand liegt.

Was ich am Tastenhandy gut finde

  • Dass es Miau machen kann. Wichtiges Feature.
  • Dass der Akku 2 Wochen hält.
  • Dass man damit wirklich nur telefonieren und smsen und die Uhrzeit ablesen kann. Radio hat es glaub ich auch, aber sonst nix, auch keine Kamera.
  • Es ist äußerst robust. Beim Smartphone hab ich immer Angst, aber das Tastenhandy schmeiß ich einfach in die Tasche. 
  • Es ist sehr leicht und liegt dank Klobigkeit gut in meiner Hand.

Negatives zum Wischtelefon

  • Ich habe jetzt drei Geräte (Laptop, Tablet, Smartphone), deren Funktionen sich so stark überlappen, dass ich nach wie vor nicht sicher bin, wie sie sich rechtfertigen.
  • Man muss es natürlich oft aufladen
  • Mein Wischtelefon ist ziemlich schwer, weil es scheinbar aus Metall und Glas ist. Ist zwar super wegen Verarbeitung und Haltbarkeit, aber halt auf Dauer nicht so fein zum Halten.
  • Es hat sich nicht als All-in-one-Lösung herausgestellt. Natürlich hab ich alle Funktionen ausprobiert. Aber:
    • Ich bin mit meinem Papierkalender sehr viel schneller beim Eintragen und Nachschauen.
    • Auch Notizen mach ich mir lieber im Notizbuch oder am Laptop. Wozu kann ich bitte Maschinschreiben. 
    • Vermutlich wird sich auch die To-Do-Listen-App nicht gegenüber einer analogen Version durchsetzen.
    • Die Kamera macht mir keine Freude, wenn die Fotos schön werden sollen, oder halbwegs farbgetreu. Ständig wird überbelichtet oder unterbelichtet und man kann überhaupt nix einstellen. Mir diese Foto-Apps anzuschauen ist mir zu mühsam.
    • Musik hab ich gar nicht erst drauf, weil mich iTunes als Linux-Userin und die eingeengten Datei-Endungen schon am Tablet so genervt haben. Und weil ein Smartphone eh auch so schon so viel Saft zieht, verschwende ich den nicht auch noch zum Musikhören. Mein Audioplayer kann flac und ogg und alle Appleformate gleich mit und außerdem hat er 60h Akkuzeit. Nimm DAS, schwächliches Kanonenhalteseil Smartphone.
    • Spiele interessieren mich auf dem 3,5“-Display echt nicht. Hab ein paar ausprobiert. WTF.
    • Das Tablet hat sich schon als nicht besonders angenehm für die Augen herausgestellt, was ebooks angeht. Das gleiche, nur in winzig… nö.
    • Sobald mein Lichtwecker repariert (oder ersetzt 🙁 ) ist, hat auch die Weckfunktion eher ausgedient. Ich mag auch so ein strahlendes Teil nicht die ganze Nacht in Kopfhöhe haben. Den Flugzeugmodus vergesse ich ständig, auszuschalten, und dann maulen die Leute wieder, dass ich „nie“ erreichbar bin. 
  • Zuerst wollte ich bei den positiven Seiten schreiben, dass es mir umso leichter fällt, mit Freunden Kontakt zu halten. Aber jetzt bin ich mir nicht mehr sicher. Muss ich denn beim Einkaufen oder Arbeiten Chatmitteilungen beantworten, oder kann das auch warten bis ich daheim bin? Statt dass man sich eine Stunde auf einen Menschen konzentriert, um mit ihm zu plaudern, zerfasert das Gespräch. 
  • Ob ich das wirklich brauche, dass ich überall mein eigenes Internetgerät dabei hab (bei Übernachtungen zb), das weiß ich eigentlich nicht. Ich mein, ich könnte auch ein Buch dabei haben. Ich muss ja nicht unbedingt abends im Bett chatten und Artikel lesen, wenn die Gastgeberin schon früher ins Bett musste. 
  • Und dann ärgert mich einfach sehr vieles bei Apple: geplante Obsoleszenz auf Softwareebene, Bevormundung, schlechtes Design (wurde das nicht früher mal in höchsten Tönen gelobt?). Aber ich hätte auch nie ein Apple-Produkt gekauft, iPhone und iPad sind zufällig zu mir gekommen.

Was hat sich durch das Wischtelefon verändert?

Gar nicht so viel, wie ich zuerst gedacht hab.

Viele Funktionen haben sich wie gesagt nicht durchgesetzt.
Einige Funktionen sind ident mit jenen vom Tablet. Statt dass ich zB übers Tablet chatte, tippe ich halt kurze Chatnachrichten am Handy.
Es gibt nur zwei Dinge, die jetzt neu sind, und zwar nur unterwegs (daheim hab ich ja eine Alternative): Ich nutze selten die „Navigation“ (Adressen, Öffis, Öffnungszeiten, Stadtplan) und ich schreib manchmal eine kurze Chatmitteilung wenn ich wo warte.
Zu so einem Zombie, der überall am Handy herumwischen muss, sogar wenn er sich mit Freundein trifft, bin ich zum Glück nicht geworden. Anfangs hab ich zwar unterwegs schon bei jeder Gelegenheit herumgewischt, neues Spielzeug und so, aber das hat sich schnell wieder verlaufen.
Was mir nicht so recht in den Kram passt, ist dass ich jetzt 3 Geräte hab mit stark überschneidenden Funktionen. Unterwegs Adressen nachzuschlagen ist zwar ungemein praktisch, aber selten in Gebrauch. Und der einzige Bereich wo mir ein Smartphone wirklich etwas bringt. Keine Ahnung, ob ich beim Smartphone wirklich bleiben werde, so auf Dauer gesehen (im Sinne von, wenn das Ding mal kaputt wird).
Aber irgendwie mag ich das Wischding auch und ich bin froh, dass ich das jetzt testen und beobachten darf. Ich finde es auch interessant, wieder mal zu beobachten, dass die neuen Versionen gar nicht immer den alten überlegen sind, wenn man genau hinschaut.

Was sind deine Erfahrungen mit Tastenhandies und Smartphones?

Das neue Biedermeier

In Kommentaren zu Frau Dingdongs Gedanken zu Minimalismus und Konsumauszeit fragte Nanne, was Sabrina und ich mit dem Rückzug ins Private, den wir wahrnehmen, meinen.
Statt das nur in einen Kommentar zu packen, hab ich gedacht, ich antworte gleich hier im Blog.

Das mit dem neuen Biedermeier nehme ich schon seit Jahren so wahr. Generell. Was im 19. Jh. die starke Zensur ist heute die Verunsicherung und Überforderung mit Wirtschaftskrise, politischen Problemen, diversen Umbrüchen.
Was im Biedermeier der Rückzug ins traute Heim, die Picknicks, die Romantisierung des Landlebens und vergangener Zeiten (Mittelalter), die Naturgedichte waren, sind heute ebenfalls der Rückzug ins traute Heim (allein die schiere Unmenge an Einrichtungsblogs!), die Romantisierung vergangener Zeiten (Mitte des 20. Jahrhunderts: (Ur-)Omas Zeiten) und des Landlebens (Stadtflucht junger Familien, Auflagenzahlen von Magazinen wie „Landlust“ – die häufig nur verträumt konsumiert werden, deren Inhalt aber nie umgesetzt wird).
Auch den Minimalismus in der heutigen Ausprägung seh ich darin verortet. Klar, es ist auch nur eine Frage der Zeit gewesen, bis immer mehr Menschen mit dem Überkonsum überfordert sind, völlig übersättigt. Aber die derzeitig vorherrschende Ausprägung vom Minimalismus bleibt hauptsächlich auf der Ebene von Besitztümern, von Zeug. Das traute Heim wird entrümpelt. Der Fokus bleibt biedermeierlich im Dunstkreis von „ich, meine Familie, mein engster Vertrautenkreis“.
Auf der Strecke bleibt die Interaktion mit der Außenwelt. Politisches und gesellschaftliches Engagement.

Was denkst du drüber?

Greenpunk und Peak Everything

Frau Dingdong hat heute oder gestern einen Artikel über Amish-Futurismus verlinkt (hier gehts zum Artikel) – und schon hab ich wieder ein Bussi von meiner Muse auf der Wange, so ein nasses schlabbriges wie von einem überschwänglichen Zweijährigen.

Ich kenn natürlich die Amischen, aber ich hab vergessen, wie inspirierend sie zum Thema Konsumkritik sind, auch wenn ich mit Religion und religiösem Leben null anfangen kann, und auch einiges kritisch seh.

Entgegen allen futuristischen Settings in Dystopien und Sci-fi-Serien sehe ich persönlich die Zukunft sehr viel mehr Low Tech als den Filmemachern und Spieleentwicklern Spaß machen würde.
Low Tech, das sind schlaue Gerätschaften, die ohne Strom o.ä. auskommen. Fahrräder sind Low Tech, ein Mixer mit Handkurbel ist Low Tech, zwei Tonkrüge mit Erde dazwischen zur Aufbewahrung von Gemüse sind Low Tech, und Segelschiffe auch.
Niemand sagt, dass diese Sachen optisch daherkommen müssen wie aus dem 18. Jahrhundert, auch wenn das manch einer schick finden kann (ich zB :D). Niemand sagt, dass das Zeug nicht beim Nachbarn ausm 3D Drucker kommen darf.
Und niemand sagt, dass Segelschiffe einen zurück ins Mittelalter katapultieren. Moderne Segelschiffe sind erstens schick und modern anzusehen und zweitens den Motorenschiffen weit überlegen (kein Motor, kein Tank, dadurch schneller, wendiger und mehr Ladefläche). Wirf mal die Suchmaschine an, da gibts ganz abgefahrene Sachen, teilweise wirklich mit Segeln, teilweise mit Turbinen. Im Netzkonstrukteur-Blog gibts ein paar so geniale Technologien, wo Strom aus riesigen Grashalmen gewonnen wird. Äh, ich schweife ab.

Aber die Realität ist trotz allem, dass uns die Rohstoffe alle enorm ausgehen. Peak Oil ist bekannt – dass uns das Erdöl verpufft. Keine Sau würde sich für die kompliziert und teuer zu bewirtschaftenden Teersandfelder interessieren, wenn die Kacke nicht schon am Dampfen wär. Unsere Gesellschaft basiert so dermaßen auf Erdöl, dass uns das volle Ausmaß noch gar nicht bewusst ist.
Energie ist ein ganz zentrales Element im Funktionieren einer gesellschaftlichen Ordnung, aber es wird eigentlich nie angesprochen, auch die Wissenschaft ist meist auf dem Energie-Auge blind.

Unsere Geschichte geht ja nämlich so:

Pflanzen wandeln Sonnenenergie in essbare Kalorien um. Tiere essen Pflanzen und nehmen damit indirekt Sonnenenergie auf – sie eignen sich die Energie die sie zum lustig Herumspringen brauchen also an, indem sie prima Biomasse jausnen. Jäger/Sammler-Gesellschaften brauchen zum Leben auch Biomasse: Pflanzen, Tiere, Holz. Nicht alles wird für Energie gebraucht (indem man es in Bauchspeck oder Lagerfeuer umwandelt), sondern auch für Häuschen und Pfeile.

Die Agrargesellschaft (neolithische Revolution) geht einen Schritt weiter, sie eignet sich nicht nur frei herumliegende Biomasse an, sie erhöht die für sie verfügbare Energie, indem sie Natur kolonisiert. So nennt man das, wenn man Nutztiere züchtet und Ackerbau betreibt, also Ökosysteme gezielt so verändert, dass der Ertrag steigt. Wenn man das geschickt macht, hat man eine kleine Überproduktion, sodass 5% der Bevölkerung nicht in der Landwirtschaft tätig sein muss.

Der große Sprung kommt durch die industrielle Revolution, wo plötzlich durch fossile Energieträger, also Kohle und später Erdöl, dermaßen große Mengen an Energie zur Verfügung stehen, wie niemals zuvor (und mit hoher Wahrscheinlichkeit niemals danach…). Eine Gesellschaft kann sich nur innerhalb der energetischen Grenzen entwickeln – und die sind abhängig vom Boden, wo unser Bohnenaufstrich sozusagen rauswächst. Wirds mit dem eigenen Boden eng, holt man sichs von woanders (Kolonialismus). Fossile Energieträger haben also ein ganz wesentliches Problem (kurzzeitig) gelöst – Party!

Der wesentliche Punkt ist, Energie war immer der zentrale begrenzende Faktor und man muss alle gesellschaftlichen und technischen Entwicklungen auch auf dem Hintergrund der verfügbaren Energie(träger) betrachten (leider wird das auch in der Wissenschaft meistens ignoriert).

Und der ganze Rest…

Aber das mit der Energie ist ja noch nicht alles. Der ganze Rest geht uns aus. Um die Ernährung von 7, 8 oder 10 Milliarden Menschen zu gewährleisten, brauchen wir zum Beispiel Düngemittel. Ohne die Grüne Revolution wäre die heutige Lebensmittelproduktion ja gar nicht möglich. Düngemittel kommt aber nicht aus dem Nichts. Ja ok, mit dem Haber-Bosch-Verfahren kann man sich Ammoniak sozusagen aus der Luft ziehen (allerdings nur mit enormen Energieeinsatz, und die geht uns ja bekanntlich aus). Aber sonst können wir uns Phosphor nur aus dem Berg holen – und auch das geht uns aus.
Die fruchtbaren Böden gehen uns aus. Erstens historisch bedingt – die ersten Siedlungen waren natürlich dort, wo was gut wächst. Wenn Siedlungen sich räumlich ausdehnen (urban sprawl), schlucken sie dann blöderweise genau diesen fruchtbaren Boden. Zweitens natürlich die Übersäuerung und Bodenerosion. Boden ist eine endliche Ressource. Was weg ist, ist weg. Puff. Die Humusschicht braucht viele hundert Jahre, um sich wieder aufzubauen und bis dahin muss man sie natürlich komplett in Ruhe lassen. Außer es hat sich eine Wüste gebildet, dann ist es eher mal zu spät, tät ich sagen.
Viele Metalle gehen uns aus – allen voran die Seltenen Erden. Die sind nicht in dem Sinne selten, sondern nur meistens in so Minimengen vertreten, dass man unglaublich viel mehr Geld in den Abbau stecken müsste, als rausschauen würde. Es gibt ein paar Orte, wo die konzentrierter vorkommen, und die leeren sich grade fleißig. Ist halt blöd, dass Photovoltaik zB ohne Seltene Erden nicht geht.
Die Liste ginge noch weiter. Trinkwasser zum Beispiel, ganz schirches Problem. Ach, wirf einfach mal die Suchmaschine an und such nach „Peak Everything„. Halte Frustkekse bereit. Bio, wenn geht.

Peak Everything vs. heutige Gesellschaft

All diese Ressourcen sind viel wichtiger und grundlegender für unsere heutige Gesellschaft, als wir uns das im Alltag bedenken.
Dass wir eine Dienstleistungsgesellschaft haben, wo nur noch 2-5% der Bevölkerung in der Landwirtschaft arbeiten muss, das geht nur mit Erdöl. Weil wir so die menschliche Arbeit im physikalischen Sinne nicht mehr brauchen. Es ist eine einfache Rechnung: Je mehr Überproduktion von landwirtschaftlichen Produkten, desto komplexer kann eine Gesellschaft sein. Agrarische Gesellschaften sind wenig komplex. Bei 5% nichtlandwirtschaftlicher Bevölkerung ist da nur eine kleine Adelsschicht drin. Entweder man beutet andere Völker aus (Kolonialismus) und kommt so zu mehr Rohstoffen, oder man ersetzt irgendwie Arbeitskraft durch zB. Erdöl. Man darf gespannt sein, wie sich das weiterentwickeln wird. Zurück ins Mittelalter ist keine Option, allein schon deswegen, weil die Uhr, tickitacki, immer nur nach vorne geht. Was aber alles an der Ressource Erdöl hängt, darfst du dir selber mit einem Mindmap malen, ein richtig dichtes Netz aus Ernährung, Transport, Globalisierung, Komplexität, Arbeitszeitreduktion, Hobbies, Lebensstile, Verteilungsgerechtigkeit, Dienstleistungen, Medizin, gobale Gerechtigkeit, Arbeitsmobilität, Infrastruktur und Raumplanung… Und alle Linien haben Pfeile, oft in beide Richtungen. Wie werden sich Infrastrukturen entwickeln, wenn das Pendeln zum Arbeitsplatz nicht mehr möglich ist? Wie werden sich unsere Konsummuster ändern müssen, wenn die energiehungrigen Industrien umdenken mussten? Wie wird das tägliche Leben in Familien aussehen? Welche Produkte werden wir nutzen? Lass dich in deinen Gedanken treiben. Besorg dir für das Mindmap besser ein Blatt in A1-Größe und schreib klein…
Und nein, Erdöl lässt sich niemals durch Strom aus Wasser/Wind/etc. ersetzen. Nicht in der Menge, wie wir die Energie grade verbraten. Aber das weißt du ja.

Raumschiffe und Marsbesiedelung? Eh niedlich.

Inmitten so einer Realität muss ich leider bei den ganzen Weltraumfantasien herzlich lachen. Die Verfügbarkeit von Energie ist ein wesentlicher Faktor, auch was an gesellschaftlichen Geschmacksrichtungen verfügbar ist. Woher soll die Energie kommen für bemannte Raumfahrt wie in Star Trek? Atomkraft? Klar, es gibt Leute, die fest an die kalte Fusion glauben. Aber wir sollten doch aus der Geschichte über die Risikospirale (Begriff von Ulrich Beck, wenn mich nicht alles täuscht) gelernt haben. Jede neue Technologie soll in Wahrheit ja die Risiken und Probleme der alten Technologie lösen, aber bringt nur wieder neue Risiken in die Welt. Die Atomkraft wurde in Zeiten vom sauren Regen, der ja durch die Emissionen aus Kohlekraftwerken verursacht wurde, gefeiert. Bis uns mal ganz dezent ein Atomkraftwerk um die Ohren geflogen ist. Nö, ich glaube nicht an die kalte Fusion.
Ich glaube an Greenpunk.
So wie Steampunk ein vergangenes Energie- und Technikregime (Kohle/Dampf und Mechanik) in die Zukunft projiziert, projiziere ich mit meinem voll cool ganz alleine ausgedachten Prinzip des Greenpunk ein auf Biomasse basierendes Regime in die Zukunft. Nur halt ohne die ganzen uncoolen Sachen wie Patriarchat, Feudalismus, Pest und sowas. Und wirklich nix spricht gegen 3D Drucker. Aber halt das mit dem High Tech mal mit mehr Abstand sehen. Weil sonst ist man nur traurig und maulig, wenn wir wieder auf ein Energiemengenniveau von, keine Ahnung, 1920 oder so, zurückfallen.

Deswegen bin ich Minimalistin.
Es gibt ja so viele Gründe, reduziert zu leben, wie es reduziert Lebende gibt. Einer meiner beiden Hauptgründe ist Peak Everything. Er ist bereits Realität. Aber während andere noch mit Scheuklappen jedes Jahr auf die Malediven fliegen (solang es die noch gibt), bereite ich mich mental auf ein postfossiles Leben vor.
Und deswegen hab ich irgendwie auch immer nur ein müdes Lächeln für all diese High-Tech-Romantik übrig. Ich sag: Low Tech ist die Zukunft. Greenpunk 😀

Deine Meinung?

Die Brauch es auf! Challenge (und das Kapital)

Jetzt, wo ich einerseits ziemlich ziemlich pleite bin (Monatsende, argl), andererseits ja meine Küche komplett renovieren und somit ausräumen muss, hab ich endlich auch die Motivation für die Brauch es auf! – Challenge, zu der Apfelmädchen und sadfsh in ihrem Blog aufgerufen haben.

Mein kleines Problem mit Vorräten hat sich zum Glück schon gelöst, aber es gibt trotzdem einiges zum Aufbrauchen, auch weil das Zeug ja nicht ewig hält und es teilweise schon sehr lange da rumsteht.

Angestaubtes Glas mit halben Kichererbsen – das Maskottchen meines Aufbrauchens, quasi

Aber eigentlich ist es gar nicht so schlecht bestellt um das Essenszeug für einen 1,5-Personenhaushalt. Es war sicherlich ein Vorteil, dass ich im Juli keinen Kopf zum Kochen gehabt hab und im August so selten daheim war.
Statt meiner Inventarsliste gibts jetzt lieber Überblicksfotos. Seht ihr, wie leer meine Vorratsgläser schon sind? 🙂 Die waren früher mal alle bummvoll.

Hier bekommt ihr auch einen Einblick in meine Retro-Küche, hier der original 70er Boden/Wand-Belag. (Mehr dann bei den Vorher/Nachher-Fotos. Noch ist die Sache mit dem Kostenvoranschlag und der Kücheneinrichtungsplanung am Laufen. Ab Mitte/Ende Semptember kommen dann die 3-4 Dreck&Staub-Wochen. Es wird ja einiges aufgestemmt und rausgerissen. Fürcht mich eh schon ein bissl.)

Viele Sachen sind wohl nicht so schwer aufzubrauchen zu sein. Die Kichererbsen verschwinden nach und nach in Curries. Bei Buchweizenmehl wirds schon schwieriger. Ich mach zwar manchmal Galettes (das sind Crêpes aus Buchweizenmehl, sind deftig gefüllt, aber mir schmeckts auch süß mit Obst und Ahornsirup), aber da geht nicht wirklich viel von dem Zeug weiter. Vielleicht werd ich Brownies machen mit halb Buchweizenmehl, halb Dinkel-Vollkornmehl? (Sollte ich schnell machen, bevor ich 3 Wochen lang keine Küche hab…) Wofür verwendet ihr denn Buchweizenmehl?
Und auch ein Sorgenkind: Weizengraspulver. Ich verwends bis jetzt für grüne Smoothies für Faule, aber ich mags nicht nur dafür verwenden. Ich probier mal, obs in Porridge schmeckt. Wofür verwendest du es denn?

Ich bin echt gespannt, wie weit ich es schaffe, die Sachen aufzubrauchen. Wie kreativ ich werde, um so wenig wie möglich neu zu kaufen. Der Startschuss ist heute und ich werde alles dokumentieren, was ich bis zum Beginn der Renovierung neu kaufen musste und was ich alles aufgebraucht hab. Es wäre irgendwie schön, mit der neuen Küche dann auch die Bevorratung neu zu beginnen.

Ja und dann muss ich noch was gestehen, was mir sehr peinlich ist. Ich hab jetzt besser verstanden, warum Menschen in westlichen Ländern dazu tendieren, Essen wegzuwerfen. Weil ich im Juni und Juli echt viel Essen weggeworfen hab 🙁 Ich war so gestresst mit dem Uniabschluss, dass ich keine Zeit/Nerven zum Kochen gehabt hab und viele Sachen einfach übersehen hab. In der extremen Hitze sind mir die Bananen auch sofort braun geworden. Normalerweise back ich dann damit Kuchen, aber so hab ich die Dinger teilweise büschelweise wegwerfen müssen. Ich versteh jetzt, dass gestresste Menschen, also Leute mit 40h-Job und Kindern zum Beispiel, einfach keinen Kopf für Aufbrauchen und Restlessen haben. Ich hab das auch nicht gehabt. Meine Kreativität war völlig von meiner Haupttätigkeit verbraucht, ich hab den Überblick über meine Vorräte verloren und alles, was nicht schnell zubereitet war, vergammelte.
Die Kombination aus wenig Geld und viel Stress hat bei mir auch dazu geführt, dass ich viele doppelt und dreifach plastikverpackte Sachen im Diskonter gekauft hab. Mit dem Rad zum Markt fahren war einfach nicht drin. Die vielen Plastikfolien und Bioplastikdoserln (vom Biobestellinder) im Mistkübel waren mir sogar ziemlich sehr wurscht. Meine Konzentration lag einfach woanders. Bei mir war das jetzt natürlich erstmal nur kurzzeitig. Aber für andere Leute ist das vielleicht dauerhaft. Ich denk da vor allem an Alleinerziehende. Man kommt nach einem 8-10 Stunden Tag erschöpft nach Hause, muss dann noch den Haushalt erledigen, Kochen, die Hausaufgaben von den Kindern kontrollieren, schauen was die nächsten Tage so ansteht, möchte vielleicht auch noch einen kleinen Funken Freizeit haben (aus Erschöpfung meist vorm Fernseher verbracht). Am Wochenende muss man sich um die Oma kümmern, mit den Kindern was unternehmen oder Mama/Papa-Taxi für sie spielen, ihnen beim Lernen helfen. Will sich vielleicht in der minimalen Zeit, die übrig bleibt, auch mal mit Freunden treffen. Kinder werden zu unpassendsten Zeiten krank oder bauen Mist (man darf unerwartet die Nacht im Krankenhaus verbringen). Der Chef macht Stress, das Projekt muss fertig werden, Überstunden. Wo bitte hat man da Geld, Zeit oder den Kopf, um sich Gedanken um Lebensmittelverschwendung zu machen, Müllvermeidung, DIY? Man kauft einmal die Woche Lebensmittel ein, das muss huschhusch gehen. Und natürlich wird bei so einem Einkaufsrhythmus mal was schlecht. Kind 1 bleibt spontan bei einem Freund zum Mittagessen, Kind 2 will plötzlich Lebensmittel X partout nicht mehr essen, man hat sich vertan oder im Stress zu viel gekauft. Im Tiefkühler vom Wocheneinkauf kein Platz, isst mans selbst wird man dick, also wegschmeißen.
Wer viel Stress hat im Leben, viele Unsicherheiten, sucht dann die Sicherheit auch in vielen Vorräten. Und da hat das Sicherheitsgefühl mehr Gewicht als das Risiko, ein paar Sachen wegwerfen zu müssen. Wer wenig Geld hat, hamstert bei Angeboten. Wer viele Vorräte hat, verliert den Überblick und kauft manches doppelt. Und auch so steigt das Risiko, dass was gammlig wird.
Lauter so Sachen.

Ich glaube, Nachhaltigkeit ist eine Sache von kulturellem und finanziellem und zeitlichem Kapital und das ist ja extrem ungleich verteilt. Wer kann sich Bio leisten? Wer hat das Wissen, wie man Ressourcen spart? Wer hat das Bewusstsein um die Endlichkeit der Ressourcen? Wer versteht tatsächlich, was das 2-Grad-Ziel bedeutet? (Für „Normalos“ klingen 2 Grad ja nach nix, es wird in den Medien ja die Bedeutung oft nicht kommuniziert) Wer hat die Zeit, Marmelade selbst einzukochen?

Naja. Jedenfalls brauche ich heute gleich mal die Cashews auf. Wer errät, was das hier wird?

Was sind deine Gedanken dazu?

Mit dem MBTI Menschen durchschauen (2)

Wie letzte Woche angekündigt ergibt der MBTI für mich ehrlich gesagt erst richtig Sinn, wenn man in die Details geht.

Kurz erklärt: Die Buchstaben S N T F gibt es eigentlich in zwei Ausführungen. Es macht einen Unterschied, ob man diese Funktionen internalisiert oder externalisiert (bzw. introvertiert oder extrovertiert).

Ein Beispiel: Person A und Person B sind beide Sensors. Aber:

  • Person A liebt Action, braucht Action. Er ist Kletterlehrer und ständig auf Achse. Hier Rafting, dort Paragliding. Sein Lebensstil braucht eine schnelle und präzise Wahrnehmung seiner Umwelt (und die hat er auch). 
  • Person B braucht die Action nicht. Sie ist Restaurateurin und liebt die kleinen Details. Ihre Hobbies neben dem Job sind die Malerei und kulturelle Reisen, und die hat sie schon seit Kindheit an. 

Der Unterschied zwischen den beiden ist: Person A externalisiert das Sensing (das S bekommt hier ein kleines e dazu: Se), also sein Sensing interagiert besonders mit der Außenwelt, Person B internalisiert es (Si), diese Sensing-Funktion interagiert besonders mit der Innenwelt.

Die kognitiven Funktionen

Die Funktionen sind also nun im Detail: Se/Si, Ne/Ni, Te/Ti, Fe/Fi.
Im Internet auch unter cognitive functions bekannt.

Hier eine kleine Übersicht:

Se ist extrovertiertes Sensing: Se nimmt seine Umwelt sehr klar wahr: Lichter! Farben! Formen! Geräusche! Glitzer! Geschwindigkeit! Se lebt im Hier und Jetzt, Handelt sofort. Se geht Risiken ein und liebt Action.
Si ist introvertiertes Sensing: Si vergleicht ständig die Gegenwart mit der Vergangenheit und nimmt kleine Details sehr genau wahr. Si sammelt sowohl Erfahrungen (die ständig mit bisherigen abgeglichen werden), als auch praktisches Wissen bzw. Wissen, das praktisch angewendet werden kann.

Ne ist extrovertierte iNtuition: Für Ne ist die Zukunft immer eine Explosion an Möglichkeiten. Neue Ideen sind sein Antrieb, alle Möglichkeiten vor sich zu haben, macht Ne glücklich, Langweilt sich aber auch schnell.
Ni ist introvertierte iNtuition: Ni hat für die Zukunft eher ein bestimmtes Ziel vor Augen, eine bestimmte Vision, die anvisiert wird. Ni sammelt Informationen und Wissen wie ein neurotischer Schwamm, der nie voll ist. Ni weiß Dinge oft einfach, ohne sagen zu können warum oder woher.

Fe ist extrovertiertes Feeling: Fe nimmt Emotionen von anderen sehr stark wahr (oft sogar stärker als die eigenen), lässt sich leicht mitreißen und auch leicht runterziehen. Fe orientiert sich stark an den die Person umgebenden Werthaltungen. Fe heult eher, weil es mit den Gefühlen anderer so mitfühlt, als dass es wegen eigenen Gefühlen weint.
Fi ist introvertiertes Feeling: Fi hat ein reges Gefühlsleben, das allerdings nicht so sehr nach außen gelangt – auch, weil Fi sich schwer tut, seine reichen Emotionen zu artikulieren. Gefühle sind für Fi-User eher sehr privat, aber auch sehr unabhängig von anderen. Dinge sind für Fi völlig unabhängig vom sozialen Umfeld richtig oder falsch.

Te ist extrovertiertes Thinking: Te wendet Logik nach außen an: Organisation, Ordnung, Effizienz, Umsetzung. Fakten.
Ti ist introvertiertes Thinking: Ti wendet Logik nach innen an. Will immer wissen, wie und warum etwas funktioniert. Analysiert alles.

Du findest hier eine gute Übersicht über die Funktionen. Wenn du besser verstehen willst, was die jeweiligen intro/extro Versionen unterscheidet, gibt es hier kurz und knackig die Erklärungen:
Sensing: Se vs. Si
Intuition: Ne vs. Ni
Feeling: Fe vs. Fi
Thinking: Te vs. Ti

Zusammenspiel der kognitiven Funktionen

Alle Menschen verwenden alle diese Funktionen. Allerdings unterschiedlich stark.

Ein INTP verwendet zum Beispiel, abgestuft nach Stärke: Ti Ne Si Fe Te Ni Se Fi.
Die erste Funktion (auch dominant function genannt, hier also ein Ti-dom) ist die am Stärksten ausgeprägteste, die auch stark die Identität dieser Person ausmacht.
Die 2. Funktion (auxiliary, hier: Ne-aux) und die 3. Funktion (tertiary; hier: Si) sind schon nicht mehr so ausgeprägt, aber trotzdem fleißig in Nutzung, die 4. Funktion (inferior; hier: Fi) arbeitet meistens eher ungeübt und sehr im Hintergrund. Da die 4. Funktion schon so patschert ist, sind die restlichen 4 Funktionen (auch Schattenfunktionen genannt) schon gar nicht mehr identitätsstiftend – man verwendet sie höchstens ganz selten, wenns grad sein muss. Deswegen zählen eigentlich nur die ersten 4.
Ein INTP verwendet also: Ti Ne Si Fe. (Welche Funktionen die anderen Typen nutzen, findest du hier)

Du siehst, es kommt drauf an, an welcher Stelle eine Funktion steht. Je weiter vorne, desto geübter ist man, je weiter hinten, desto ungeübter. Die erste Funktion ist dermaßen natürlich für einen, dass man sich oft schwer tut, sie bei sich selbst überhaupt wahrzunehmen. Die letzte Funktion ist patschert, kindisch, entweder ganz ein oder ganz aus – und man kann wenig dagegen tun. Ein bisschen trainieren schadet nicht, aber man wird gegen jemanden, der diese Funktion weiter oben im „stack“ hat, immer abloosen.

Ok, und wie schaut das jetzt im Detail aus?
Wie erkenn ich denn, ob ich Se an erster Stelle oder an dritter hab?
Hierzu gibts eine gute, kurze und knackige Übersicht darüber, wie die Funktionen sich an den verschiedensten Stellen zeigen:
Se und Si / Ne und Ni / Te und Ti / Fe und Fi

Was du auch sehen kannst: jeder Feeler verwendet auch eine Thinker-Funktion und umgekehrt. Auch jeder Sensor verwendet eine iNtuitive-Funktion (und umgekehrt). Es ist so sehr viel realitätsnaher und die nervigen Klischees und Vorurteile (Thinker sind eiskalte Rationalisten, Feeler sind irrationale Waschlappen etc.) können sich schnell brausen gehn.

Die Funktionen arbeiten natürlich auch stark miteinander. Wenn mein INTP-Freund Pizza bestellt, werden zuerst alle Möglichkeiten ausgelotet (Ne),  um dann anhand von Analysen (Euro/cm² bei unterschiedlichen Pizzagrößen plus Onlinebewertungen, die nach lukullischer Glaubwürdigkeit gewichtet werden, was anhand von Nickname- und Reizwortanalyse passiert) das beste Preis/Leistungsverhältnis zu eruieren (Ti), schließlich fühlt er meinen extrem bösen ausgehungerten Blick im Nacken und bestellt mir zuliebe seufzend mit noch unausgegorener Analyse (Fe). Sein Si registriert, ob das letzte Mal mehr Pfefferoni drauf waren. (Und ich übertreibe nicht!)

Welche Funktionen nutzt du? Vermutlich hast du dich schon bei ein paar wiedergefunden. Vielleicht hilft dir auch diese Spielerei weiter: Die Funktionen gehen in einen Vergnügungspark.

Außerdem kannst du auch einen Test machen: cognitive functions quiz. Gibts nur auf Englisch, nimm dir ein Wörterbuch, wenn du dir bei einem Wort nicht 100% sicher bist, dass du weißt was es bedeutet.

Zusammenspiel zwischen Menschen

Es gibt da sehr viele Ansichten, teilweise auch ganz unterschiedliche. Eigentlich läuft es auf die beiden küchenpsychologischen Standard-Wahrheiten hinaus: a) Gleich und gleich gesellt sich gern / b) Gegensätze ziehen sich an
Es gibt Leute/Experten, die behaupten, je mehr Buchstaben man sich teilt, desto harmonischer ist die zwischenmenschliche Beziehung. ENFP und ENFJ zum Beispiel. Oder ISTP und ISFP. Wenn man aber in die Funktionen reingeht, ist die Ähnlichkeit schon wieder dahin: ENFP (Ne Fi Te Si) und ENFJ (Fe Ni Se Ti) haben überhaupt keine Gemeinsamkeit hier. ISTP (Ti Se Ni Fe) und ISFP (Fi Se Ni Te) schon mehr. Die selben Funktionen, nur in unterschiedlicher Anordnung teilen sich zum Beispiel ISTP, ESTP, INFJ und ENFJ.
Dann gibt es Leute/Experten, die der Meinung sind, N und S müssen gleich sein, aber die anderen Buchstaben idealerweise komplett „geflipped“. ESTP und ISFJ, INTP und ENFJ etc. Das Wichtigste sei die gemeinsame Basis als Sensor oder Intuitive, in den anderen „Buchstaben“ ist es aber gut, wenn man sich gegenseitig ausbalanciert.
Dann wieder andere sehen das perfekte „Paar“, wenn alles anders ist, weil jeder dem anderen geben kann, was er selbst nicht gut kann und somit zwei Hälften perfekt aufeinander passen. ISTP und ENFJ zum Beispiel. Da haben wir im Detail aber Ti Se Ni Fe und Fe Ni Se Ti – also wieder nix mit „komplette Gegensätze, die sich gegenseitig ausbalancieren“.
Eher, dass ENFJ seine niedrigeren zwei Funtionen gut trainieren kann, indem es Zeit mit dem ISTP verbringt und umgekehrt. Das wäre dann wieder der „Lernansatz“, dass man mit dem anderen Partner optimal wachsen kann.

Bist du jetzt verwirrt? Gut so. Denn du siehst, man kann nicht mal innerhalb des MBTI so einfach sagen, was jetzt (auf den ersten Blick) Gemeinsamkeiten sind und mit wem man sich vertragen wird. Und dazu kommt dann auch noch, dass das Zusammenspiel einerseits zwischen MBTI und dem persönlichen Hintergrund (Erfahrungen, Sozialisierung, Kultur, Zeit, Familie/Freunde …), andererseits innerhalb des MBTIs (unterschiedlich trainierte Funktionen, „ungesunde“ Versionen etc) so komplex ist, dass man einfach nicht fix voraussagen kann, mit wem man sich vertragen wird: Man kann von dem einen ENFP ur genervt sein, aber der andere ENFP ist seit Kindheit an der engste Freund. Man kann sogar Menschen mit dem selben MBTI wie man selbst einfach nicht mögen dafür mit vermeintlich „falschen“ MBTIs jahrzentelang glücklich befreundet oder verheiratet sein.

Ernsthaft, Leute: Tendenzen hin oder her, der Einzelfall entscheidet.

Wir sind alle viel mehr als nur der MBTI.

Andere Menschen analysieren

Generell ist es leichter, je besser man die Person kennt.

Was man als Außenstehender am meisten wahrnimmt, sind die externalisierten Funktionen. Die internalisierten laufen ja im Kopf drin ab. Wenn man also auf der Arbeit einen Kollegen hat, der ganz eindeutig und ständig Ne verwendet, kann man sich noch nicht sicher sein, dass das auch seine dominante Funktion ist. Internalisierte Funktionen passieren im Kopf drin und sind schwerer herauszufinden, sie äußern sich erst im täglichen, intimeren Umgang miteinander. Und manchmal äußern sich Funktionen im Alltag auch (vermeintlich) ähnlich (Si und Ni kann zB leicht verwechselt werden). Die unterschiedlichsten MBTIs können das selbe Hobby haben – warum sie das Hobby haben und wie sie damit umgehen ist ausschlaggebend für den MBTI.

Wenn ich andere Leute analysiere, geh ich sowohl von der „einfachen Buchstabenversion“, als auch von den in diesem Posting beschriebenen kognitiven Funktionen aus. Es sind ja einfach zwei Blickwinkel auf die selben Typen. Aber besser funktionierts schon mit den kognitiven Funktionen, bzw. sind die dann letztlich ausschlaggebend.
Mir persönlich hilft auch der Vergleich mit mir selbst und wie Menschen mit mir wechselwirken oder wir gegenseitig aufeinander reagieren und wo oft Missverständnisse oder auch blindtaubes Verstehen aufkommen.
Interessant wirds auch, wenn man beobachtet, welche Funktion am patschertsten angewendet wird – die kommt nämlich meist bei Stresssituationen zum Vorschein (viele Infos dazu im unten angeführten Buchtipp von Naomi Quenk).

Aufpassen muss man aber bei den vielen vielen Klischees, die im Netz kursieren. Der funkyMTBI-Blog korrigiert ständig Stereotype, also lesen und staunen und lernen 🙂
Trotzdem kann man verschiedene Typen durchaus an Lebensstil und Hobbies erkennen. Schau dir mal diese kurze Auflistung an.

Falls es dich aber beruhigt, ich hab noch nicht bei allen Menschen in meinem Umfeld herausgefunden, welcher MBTI sie sind. Teilweise hab ich sie auch einfach Tests machen lassen (vor allem damals wo das Thema noch ganz neu für mich war). Es gibt Leute, wo einen der Typ richtiggehend anspringt, und welche wo man sich nie 100% sicher ist. Es gibt auch nicht ganz so wenige Leute, die sich selbst falsch eingeschätzt haben und nach ein bisschen Lektüre draufkommen, Moment!
Da können, aber müssen keine Stereotype Schuld sein.

Vielleicht geht es dir aber bald genauso wie mir, dass du Menschen mit dem MBTI nicht nur besser verstehst, sondern sie auch besser wertschätzen kannst, für das was sie sind. Und das, was du bist, und du kannst.

Links

Du wirst es bemerkt haben, ich hab dazu einen Lieblingsblog: funky mbti fiction
Neben der kurzweiligen Analyse von Protagonisten in Filmen und Büchern werden viele Fragen zum Thema MBTI und kognitive Funktionen beantwortet. Klick dich auch mal durch die Navigationsleiste.
Es gibt natürlich auch ernsthaftere Lektüre irgendwo da draußen, aber ganz ehrlich: Dieser Blog macht so viel mehr Spaß.

Sehr lustig finde ich auch das Projekt hier: Wie die unterschiedlichen Typen in der Postapokalypse handeln. Natürlich (absichtlich) beinhart viele Klischees, aber genau das macht es ja so lustig zu lesen.

Nachtrag: Mittlerweile kann ich auch Bücher empfehlen:
Naomi Quenk: Was that really me? (Der Titel sagt es nicht, aber es geht darum, wie die MBTI-Typen mit Stress umgehen, wie sie aus Stresssituationen rausfinden und welche Arbeitsumgebung ihnen guttut. Enorm hilfreich, wenn du dir unsicher bei deinem Typ bist. Es ist fast gruselig wie die Sachen da drin stimmen… Und sehr hilfreich, um die einzelnen kognitiven Funktionen besser zu verstehen. Dieses Buch ist genial!)
Tieger & Barron-Tieger: Nurture by Nature (Der MBTI von Kindern, aber hilft auch beim Typisieren von anderen und mit dem Umgang mit anderen MBTI-Typen als deinem eigenen)

Und wer sich fragt, warum INFJs alle so geil auf MBTI sind – hier die Erklärung.

Na, alles klar? Oder doch zu viel Info auf einmal? Verrätst du mir deinen MBTI (sofern dus noch nicht getan hast)?