Ist Dateien ausmisten eigentlich irgendwie uncool? Absolut nicht instagrammable? Nicht werbewirksam auf Youtube, weil keine 35€-Lippenstifte in die Kamera gehalten werden? Oder einfach nur zu privat?* Jedenfalls findet man kaum was dazu. Dass man nicht so viele Apps installiert haben soll, die man eh nicht nutzt, oder generell nicht so viel vor Bildschirmen hocken soll, wissen wir eh. Aber ordentliche Strategien, wie man digital ausmistet, also Dateien, hätt ich jetzt jedenfalls noch keine gefunden.
Jedenfalls hab ich im letzten Jahr meine Dateien massiv ausgemistet und (mehr als) halbiert. Ich hab gestartet mit 210.951 Objekten auf 950,8GB am 31.5.2020 und bin gestern runter auf 67.260 Objekte und 435,8GB. Nicht auf einmal natürlich, sondern über Monate. Dabei sind mir ein paar Tipps und Ideen angefallen. Die sind jetzt nicht ultra breit durchdacht, sie haben einfach nur bei mir funktioniert (oder ich stell mir vor, dass sie funktionieren). Und vielleicht erzähl ich dir auch nix neues (hoffentlich aber ein bisschen!).
- Alles muss auf eine Festplatte passen. Egal wie viel Zeug du hast, besorg dir eine Festplatte, wo ALLES draufpasst. So wild teuer sind die nicht mehr. (Ich hab allerdings immer 2 zusätzliche gleichgroße Festplatten als 1:1 Backups). Das Leben und das Ausmisten werden einfacher, wenn alles an einem einzigen Ort ist. Ich hab immer nur die paar aktuellen Dateien am Laptop (oder Handy). Die externe Festplatte ist ja schnell eingestöpselt.
- Nicht löschen, was du nicht mehr brauchst, sondern speichern, was du behalten willst. Wenn ich Gegenstände ausmiste, ist das für mich immer aufs selbe rausgelaufen. Aber bei der Masse an Dateien, die ich teilweise hatte (Fotos und alte Unisachen sind mir am schwersten gefallen), war das die einzige Möglichkeit, nicht wahnsinnig zu werden. Ich hab die paar Dateien, die ich behalten wollte, in einen neuen Ordner kopiert und die anderen Sachen gelöscht.
- Zwei-Festplatten-Mehode. Mir fällts immer viel leichter, wenn ich eine leere Festplatte hab, auf die ich alles speichern kann, das ich behalten möchte (siehe die beiden vorherigen Tipps). Ich lösche dazu einfach eine meiner Backup-Festplatten, wenn ich fertig bin, wird eh wieder alles 1:1 gespiegelt.
- Ein-Ordner-Sortier-Methode. Gerade wenn man viele Dateien teilweise doppelt und auf mehreren Speichermedien verteilt abgespeichert hat, ist es möglicherweise am Einfachsten, man nimmt alle Dateien selben Typs (alle pdfs die man findet, alle .jpgs die man findet etc.) und schmeißt sie alle jeweils in einen Ordner (ebenfalls auf einer frischen Festplatte, s.o.) mit dem Namen der Dateiendung (oder Art der Datei, zB Bilder oder Videos). Duplikate werden so automatisch erkannt und man kann dann alle Fotos/Videos nach Monat und Jahr sortieren. Einfach mit Dateiart-Jahr-Monat benennen („Videos-2003-06“) und man spart sich sinnlose Unterunterunterordner. Ich mach das vor allem mit Fotos so, wo es sich allein schon wegen dem Smartphone kaum verhindern lässt, dass sich Duplikate ansammeln. (Es gibt auch Programme, die Duplikate aufspüren, finde aber diese Methode unkomplizierter und schneller)
- Perfektionismus vs. Freizeit: Vielleicht reicht es wirklich, wenn du einfach keine Duplikate von Fotos mehr auf verschiedene Datenträger verstreut hast und nach Monat und Jahr geordnet. Irgendwann muss man auch wieder schaukeln gehn und Eis essen. Und wenn du wirklich viel Zeug hast, das zB 2TB sprengt, vielleicht sch… auf die ganze Aktion überhaupt. Schmeiß alles alles alles von allen Geräten/Datenträgern auf eine Festplatte (notfalls zwei) wo alles draufpasst, Klebeetikett mit heutigem Datum drauf, hol dir die aktuell wichtigen Dateien (zB für die Steuererklärung oder die Fotos vom letzten Urlaub die du noch ausdrucken wolltest) auf den Laptop und dann verräum das Ding wohin es sich wohl fühlt (vorzugsweise noch einmal auf eine zweite Festplatte gespiegelt).
- Überlegungen, die dir beim Ausmisten helfen könnten:
- Würdest du es auch aufheben, wenn es ein physisches Ding wär?
- Nur weil es nicht viel Platz wegnimmt, nervt das Herumgesuche ja trotzdem
- Auch digitale Dokumente muss man nur 7 Jahre lang aufheben.
- Auch Hörbücher, ebooks und Filme findest du in der Bücherei (Onleihe!) oder über Streamingdienste. Du musst sie nicht auf deiner Festplatte horten. Schon überhaupt nicht, wenn du sie eh nicht nochmal anhörst.
- „discard everything“. Ich weiß nicht wieso, aber wie ich damals das Konmari-Buch gelesen (gehört) hab, ist mir ein Satz in Erinnerung geblieben: „When it comes to paper, discard everything“. Ich denk mir das bei digitalen Dateien auch oft, ehrlich gesagt. Ich mein, alles was man nicht regelmäßig nutzt (Musik), manchmal tatsächlich anschaut (Urlaubsfotos) oder fürs Finanzamt oder Garantiefälle braucht, wozu aufheben.
- Verhindern, dass sich wieder so viel ansammelt:
- regelmäßig die Fotos am Handy ausmisten. Weg kann alles, was nur zur Kommunikation gedient hat (eine häufige Kategorie von mir – kannst mir schnell den Einkaufszettel vom Kühlschrank schicken? hahaha schau mal der hässliche Porzellanhund in der Auslage) oder man sich nie ins Fotoalbum kleben würde. Das kannst du ja immer mit deinem Klobesuch verbinden, anstatt deine Mutter dabei anzurufen**
- Papierloser Haushalt (oder Büro) heißt nicht, dass man auch alles einscannen soll statt wegzuwerfen, oder abspeichern, oder runterladen.
- Festplatten wochenlang im Hochsommer im Auto liegen lassen oder zu einem schönen starken Magneten legen.
*Ja, naja, ich zeig euch da jetzt auch nicht genau meine Dateien, aber ich zeig euch ja auch kein Foto oder Video von meinem Gesicht.
** letztens nach dem Coronatest in der Wiener Stadthalle geht eine Studentin ins Klo neben mir und telefoniert während sie pinkelt auf Lautsprecher mit ihrer Mutter (sie solle ihren WG-Vermieter endlich auf den Schimmelfleck ansprechen). Was die ganzen Lockdowns mit den Menschen machen.