Digital ausmisten

Ist Dateien ausmisten eigentlich irgendwie uncool? Absolut nicht instagrammable? Nicht werbewirksam auf Youtube, weil keine 35€-Lippenstifte in die Kamera gehalten werden? Oder einfach nur zu privat?* Jedenfalls findet man kaum was dazu. Dass man nicht so viele Apps installiert haben soll, die man eh nicht nutzt, oder generell nicht so viel vor Bildschirmen hocken soll, wissen wir eh. Aber ordentliche Strategien, wie man digital ausmistet, also Dateien, hätt ich jetzt jedenfalls noch keine gefunden.

Jedenfalls hab ich im letzten Jahr meine Dateien massiv ausgemistet und (mehr als) halbiert. Ich hab gestartet mit 210.951 Objekten auf 950,8GB am 31.5.2020 und bin gestern runter auf 67.260 Objekte und 435,8GB. Nicht auf einmal natürlich, sondern über Monate. Dabei sind mir ein paar Tipps und Ideen angefallen. Die sind jetzt nicht ultra breit durchdacht, sie haben einfach nur bei mir funktioniert (oder ich stell mir vor, dass sie funktionieren). Und vielleicht erzähl ich dir auch nix neues (hoffentlich aber ein bisschen!).

  • Alles muss auf eine Festplatte passen. Egal wie viel Zeug du hast, besorg dir eine Festplatte, wo ALLES draufpasst. So wild teuer sind die nicht mehr. (Ich hab allerdings immer 2 zusätzliche gleichgroße Festplatten als 1:1 Backups). Das Leben und das Ausmisten werden einfacher, wenn alles an einem einzigen Ort ist. Ich hab immer nur die paar aktuellen Dateien am Laptop (oder Handy). Die externe Festplatte ist ja schnell eingestöpselt.
  • Nicht löschen, was du nicht mehr brauchst, sondern speichern, was du behalten willst. Wenn ich Gegenstände ausmiste, ist das für mich immer aufs selbe rausgelaufen. Aber bei der Masse an Dateien, die ich teilweise hatte (Fotos und alte Unisachen sind mir am schwersten gefallen), war das die einzige Möglichkeit, nicht wahnsinnig zu werden. Ich hab die paar Dateien, die ich behalten wollte, in einen neuen Ordner kopiert und die anderen Sachen gelöscht.
  • Zwei-Festplatten-Mehode. Mir fällts immer viel leichter, wenn ich eine leere Festplatte hab, auf die ich alles speichern kann, das ich behalten möchte (siehe die beiden vorherigen Tipps). Ich lösche dazu einfach eine meiner Backup-Festplatten, wenn ich fertig bin, wird eh wieder alles 1:1 gespiegelt.
  • Ein-Ordner-Sortier-Methode. Gerade wenn man viele Dateien teilweise doppelt und auf mehreren Speichermedien verteilt abgespeichert hat, ist es möglicherweise am Einfachsten, man nimmt alle Dateien selben Typs (alle pdfs die man findet, alle .jpgs die man findet etc.) und schmeißt sie alle jeweils in einen Ordner (ebenfalls auf einer frischen Festplatte, s.o.) mit dem Namen der Dateiendung (oder Art der Datei, zB Bilder oder Videos). Duplikate werden so automatisch erkannt und man kann dann alle Fotos/Videos nach Monat und Jahr sortieren. Einfach mit Dateiart-Jahr-Monat benennen („Videos-2003-06“) und man spart sich sinnlose Unterunterunterordner. Ich mach das vor allem mit Fotos so, wo es sich allein schon wegen dem Smartphone kaum verhindern lässt, dass sich Duplikate ansammeln. (Es gibt auch Programme, die Duplikate aufspüren, finde aber diese Methode unkomplizierter und schneller)
  • Perfektionismus vs. Freizeit: Vielleicht reicht es wirklich, wenn du einfach keine Duplikate von Fotos mehr auf verschiedene Datenträger verstreut hast und nach Monat und Jahr geordnet. Irgendwann muss man auch wieder schaukeln gehn und Eis essen. Und wenn du wirklich viel Zeug hast, das zB 2TB sprengt, vielleicht sch… auf die ganze Aktion überhaupt. Schmeiß alles alles alles von allen Geräten/Datenträgern auf eine Festplatte (notfalls zwei) wo alles draufpasst, Klebeetikett mit heutigem Datum drauf, hol dir die aktuell wichtigen Dateien (zB für die Steuererklärung oder die Fotos vom letzten Urlaub die du noch ausdrucken wolltest) auf den Laptop und dann verräum das Ding wohin es sich wohl fühlt (vorzugsweise noch einmal auf eine zweite Festplatte gespiegelt).
  • Überlegungen, die dir beim Ausmisten helfen könnten:
    • Würdest du es auch aufheben, wenn es ein physisches Ding wär?
    • Nur weil es nicht viel Platz wegnimmt, nervt das Herumgesuche ja trotzdem
    • Auch digitale Dokumente muss man nur 7 Jahre lang aufheben.
    • Auch Hörbücher, ebooks und Filme findest du in der Bücherei (Onleihe!) oder über Streamingdienste. Du musst sie nicht auf deiner Festplatte horten. Schon überhaupt nicht, wenn du sie eh nicht nochmal anhörst.
    • „discard everything“. Ich weiß nicht wieso, aber wie ich damals das Konmari-Buch gelesen (gehört) hab, ist mir ein Satz in Erinnerung geblieben: „When it comes to paper, discard everything“. Ich denk mir das bei digitalen Dateien auch oft, ehrlich gesagt. Ich mein, alles was man nicht regelmäßig nutzt (Musik), manchmal tatsächlich anschaut (Urlaubsfotos) oder fürs Finanzamt oder Garantiefälle braucht, wozu aufheben.
  • Verhindern, dass sich wieder so viel ansammelt:
    • regelmäßig die Fotos am Handy ausmisten. Weg kann alles, was nur zur Kommunikation gedient hat (eine häufige Kategorie von mir – kannst mir schnell den Einkaufszettel vom Kühlschrank schicken? hahaha schau mal der hässliche Porzellanhund in der Auslage) oder man sich nie ins Fotoalbum kleben würde. Das kannst du ja immer mit deinem Klobesuch verbinden, anstatt deine Mutter dabei anzurufen**
    • Papierloser Haushalt (oder Büro) heißt nicht, dass man auch alles einscannen soll statt wegzuwerfen, oder abspeichern, oder runterladen.
    • Festplatten wochenlang im Hochsommer im Auto liegen lassen oder zu einem schönen starken Magneten legen.

*Ja, naja, ich zeig euch da jetzt auch nicht genau meine Dateien, aber ich zeig euch ja auch kein Foto oder Video von meinem Gesicht.

** letztens nach dem Coronatest in der Wiener Stadthalle geht eine Studentin ins Klo neben mir und telefoniert während sie pinkelt auf Lautsprecher mit ihrer Mutter (sie solle ihren WG-Vermieter endlich auf den Schimmelfleck ansprechen). Was die ganzen Lockdowns mit den Menschen machen.

30 Tage Digital Detox – Erfahrungsbericht

Wie letzte Woche berichtet, habe ich ein Monat lang einen Digital Detox gemacht. Dabei habe ich vor allem Bildschirmzeit auf ein Minimalmaß runtergeschraubt und alle kleinteilige Berieselung vermieden, um wieder mehr Fokus und Ruhe im Kopf zu bekommen, mehr Headspace. Außerdem wollte ich meine Freizeit anders nutzen.

Woche 1
In den ersten Tagen hab ich kaum was ernsthaft vermisst. Nachrichten, obwohl ich die täglich gelesen oder gehört habe, habe ich überhaupt gar nicht vermisst. Dabei wäre mir eigentlich wichtig, immer am Laufenden zu sein, aber derzeit passiert eh nix und ich hab drauf vertraut, dass alle wichtigen Informationen eh irgendwie zu mir finden (haben sie auch getan). Ich hatte ein paar Mal ein diffuses Verlangen nach Youtube, aber konnte nicht konkret benennen, auf was ich Lust gehabt hätte. Es war einfach nur mein Gehirn, das nach Gewohnheitsberieselung verlangt hat. Ich hab das Bedürfnis einfach mal wegfaden lassen. Die ersten Tage bin ich nach der Arbeit statt auf Youtube einfach nur auf meiner Couch rumgehängt und hab nichts gemacht. Das war tatsächlich viel entspannender. Mein Schlaf war wieder besser, aber beim Lesen hab ich gemerkt, dass ich noch sehr unfokussiert war und mich nicht lange konzentrieren konnte. Nachträglich hab ich mich auch dazu entschlossen, Podcasts ebenfalls einzuschränken (Ausnahme: die beiden Podcasts die ich zum Einschlafen nutze), weil auch das Berieselung ist mit derzeit nicht relevanten und viel zu kleinteiligen Informationen.

Woche 2
Am Montag habe ich doch kurz in die Zeitung geschaut, aber nur den einen relevanten Artikel (aktuelle Änderungen zum Thema Lockdown). Die Nachrichten fehlten mir wirklich null, ich hab nicht mal drüber nachgedacht. Diese Woche hatte ich dann tatsächlich mal konkretes Interesse an 4 Youtubekanälen. Die Chats mit meinen Freund:innen habe ich angefangen, sträflich zu vernachlässigen, weil ich keine Lust mehr gehabt hab, aufs Handy zu schauen und in der Ubahn zur Arbeit lieber gelesen hab.

Woche 3
Hier hab ich kurz geschummelt und die Zeitung aufgeschlagen, einen Artikel auf „Seite 1“ angeklickt und gelesen, und gemerkt was das für ein uninteressanter Mist war und wie wenig mich die Nachrichten zur Zeit interessieren. Wieder Bedürfnis nach Youtube und Inspirationen, aber wie ich das hinterfragt hab, hab ich gemerkt, dass ich nur faul war, selbst zu denken und zu machen. Mir gings nach wie vor so blendend mit dem DD, dass ich fast schon Angst bekommen hab vor der Zeit danach. Ja, außer am Sonntag, da wollte ich wirklich unbedingt wissen, was auf der kleinen Handvoll Kanälen auf Youtube gerade passiert, dass ich nochmal geschummelt hab und nachgeschaut. Ich hab uneingeloggt die Startseiten der Kanäle aufgemacht, drüber geschaut und kein einziges Video angeklickt. Mir war gar nicht danach. Ich wollte nur wissen, was so passiert ist, also die Themen und Überschriften. Es gab fast keine neuen Videos, was auch beruhigend, aber auch irgendwie ernüchternd war. Auf das konnte ich wirklich noch ein paar Wochen warten.
In Woche 3 hab ich mir auch Gedanken gemacht, wie ich das Danach gestalten wollte und was ich beibehalten wollte.

Woche 4
Vier Tage vorm Detox-Ende bin ich schwach geworden und hab 6 Youtubevideos angeschaut. Eins davon war für ein derzeitiges Thema sehr wertvoll, der Rest war nicht sooo interessant. Also auch wieder Ernüchterung.

Fazit
In den 30 Tagen habe ich 5 Bücher ganz gelesen, und zwei Bücher auszugsweise. Ich hab plötzlich so viel Zeit für alles gehabt (Lesen zum Beispiel, Nachdenken, Pläne schmieden) wo ich immer dachte, ich hab keine Zeit und keinen Headspace. Es war wirklich sehr schön. Ich hab gemerkt, wie wenig ich tatsächlich vermisse. Ich bin wirklich ein Fan von kaltem Entzug, weil er bei mir funktioniert. Ja, ich hab ein bissl geschummelt gegen Ende hin, aber es war immer ernüchternd und hat mich im Vorhaben nur bestärkt.

Wie es weitergehen sollte
Ich habe mein Handy neu aufgesetzt, mit einem neuen Google Account und möglichst minimal. Apps hab ich nur nach und nach und rein nach Bedarf installiert. Eigentlich wollte ich am letzten Wochenende LineageOS installieren, hab aber nach 5min in einem Youtubevideo gemerkt, dass ich voll keine Lust auf Technik oder Youtubeanleitungen hab gerade. Auch ok. Im Großen und Ganzen wollte ich das Level an Bildschirmkonsum fortführen.

30 Tage nach Ende des Digital Detoxes
Ich hab anfangs wieder angefangen, in der Arbeit Nachrichten zu checken wenn grad nix passiert, und mich daheim mit wenigen Youtubevideos berieseln zu lassen, in der Woche nach der Zeitumstellung war ich so unglaublich müde und verkatert. Das war meine Ausrede. Es hält sich aber alles in Grenzen. Facebook und Instagram hab ich noch nicht reaktiviert, weil ich grad keine Lust drauf hab. Ein bisschen scroll ich durch shoppingseiten, weil ich ein paar Dinge gern hätt (ein drittes Paar Frühlingsschuhe wär praktisch) aber ich hab keine große Lust drauf. Ich hab ein paar Filme geschaut (aber nicht alle fertig geschaut), um sie anschließend von der Festplatte löschen zu können (dazu später mehr). Das wars eigentlich. Ich wollte zwar gleich noch einen 30-Tage-Detox direkt dranhängen, aber dann doch keine Lust gehabt. Kommt wieder. Vielleicht probier ichs ja auch mal noch länger, aber 30 Tage waren schon auch recht lang.

Hast du auch Erfahrungen damit zu berichten?

30 Tage Digital Detox

Weil ich eigentlich in meiner Freizeit andere Dinge machen will, als stundenlang gelangweilt Youtube zu schauen, mir mit Nachrichten schlechte Laune zu machen und Zeit damit zu vergeuden, sinnlos im Netz herumzuklicken, war ich grantig genug für einen spontanen und wirklich langen Digital Detox.

Es war ja nicht nur die Zeit, die für Dinge draufgegangen ist, die ich eigentlich gar nicht machen wollte (im Vergleich zu anderen Dingen), ich hab auch gemerkt, dass mir der Fokus und die Konzentration abhanden kommt. Ich hab keine Romane gelesen, weil mir die Geduld gefehlt hat für alles, das länger als 2 Seiten ist und ich mich auch irgendwie nicht auf neue Dinge einlassen wollte. Mein Youtube-Konsum hat sich um die ewig gleichen Themen gekreist, und es hat mich sehr gelangweilt.
Im Gegensatz zu „How to break up with your phone“ von Catherine Price habe ich einen kalten Entzug geplant, weil ich aus Erfahrung weiß, dass der bei mir super funktioniert.

Zur Vorbereitung habe ich meine Social Media Accounts auf Null gesetzt. Ich habe alle Gruppen, Abos, Likes und Playlists, Newsletter rausgeschmissen (war sehr meditativ) und schließlich alles was ging deaktiviert oder sogar gelöscht. Ich habe auch Apps gelöscht und mit Leechblock und Stayfocusd diverse Webseiten geblockt. Dann hab ich Ausnahmen definiert (Öffi-Verbindungen nachschauen zB) und mein Vorhaben kommuniziert, damit sich die Leute auskennen. Dabei hab ich unverhofft eine Mitstreiterin gefunden. Ich hab mir auch überlegt, was nach dem Detox passieren könnte: zum Beispiel mein Handy mit einem neuen Google-Account neu aufzusetzen für den noch besseren Neustart und erst dann eine App wieder neu zu installieren oder ein Konto zu aktivieren oder einem Kanal zu folgen, sobald ich es wirklich will/brauche.

„Verboten“ war in den 30 Tagen alles, was mich gerade nervt, berieselt, ablenkt, Zeit raubt, eigentlich gar nicht interessiert, süchtig macht, durch die Kleinteiligkeit meine Aufmerksamkeitsspanne zerfleddert oder schlechte Laune macht. Konkret waren das Youtube, Instagram, Facebook, Twitter, Nachrichten und Zeitung, Zeitschriften und Onlineartikel, Blogs, Newsletter, Foren, PC-Spiele, Filme, Serien, Shoppingseiten, Podcasts am Handy. Außerdem war wieder brav Handyverbot im Schlafzimmer.

Als Disclaimer muss ich dazu sagen, dass ich einige dieser Dienste ohnehin kaum nutze (Facebook nur für Flohmärkte und zwei Farbtypengruppen für Lippenstifttipps, Twitter gar nicht). Serien schau ich sowieso nicht weil mich die nicht interessieren und eine große Cineastin bin ich auch nicht. PC-Spiele spiel ich sowieso immer nur phasenweise. Mein größter Zeitfresser waren Youtube und Nachrichten, letztere machen noch dazu schlechte Laune. Ich hab einfach darauf vertraut, dass die wirklich wichtigen Nachrichten ihren Weg zu mir finden werden (Spoiler: so war es auch) und ich auch nach dem Digital Detox alle Kanal-Namen wieder einfallen, die ich vermisst hab. Handyverbot im Schlafzimmer hab ich immer wieder gehabt und nur die letzten Monate schleifen lassen. Meine Schlafqualität hängt ganz stark davon ab, weil mich Bildschirme am Abend putzmunter machen. Mein ebookreader hat eine sanfte Hintergrundbeleuchtung, hat aber diesen Effekt nicht. Irgendwas ist drin in diesen Handies. Jedenfalls hab ich als Wecker sowieso ein altes Tastenhandy. Ich hab zwar auch mal einen richtigen Wecker probiert, aber der war extrem laut, man hat die Lautstärke nicht regulieren können, und hat geklungen wie ein LWK, der rückwärts über mein Bett fährt. Ich hab dieses widerwärte Scheißding dem ebenfalls widerwärtigen Amzn sowas von zurückgeschmissen. Jawoll.

Erlaubt waren alle wirklich nützlichen Dinge. Chatten, (Video-)telefonieren, Emails, Wege, Öffis, Adressen, Wetter, Ausflugsziele recherchieren, Bank, gezielt Rezepte und Anleitungen suchen, Kalender und schnelle Notizen unterwegs, Spotify. Meine Mitstreiterin hat sogar Chats stark eingeschränkt, das wollte ich in Coronazeiten bewusst nicht.

Wie es mir damit gegangen ist kommt nächste Woche.

Hast du auch schon mal den digitalen Mist stark zurückgefahren?

Ode an die Technik von Gestern

Ich liebe Technik von Gestern.
Dabei rede ich nicht von Vorgestern. Ich red nicht von Waschrumpeln und anderem mühseligen Zeug. (Auch wenn es durchaus sehr geniale Low Tech Sachen von vorgestern gibt, die auch heute noch kaum verändert rocken)
Ich rede von Technik, die nicht am allerneuesten Stand der Möglichkeiten ist, nicht fancyfancyblingbling, aber trotzdem solide ihren Dienst tut.

Ich rede von meinem sechseinhalb Jahre alten mp3-Player, der 60 Stunden Akkulaufzeit hat (jetzt vielleicht noch 50) und ein kleines Display, das genau das anzeigt, was es anzeigen soll: Text. Er kann Formate wie .ogg und .flac abspielen, aber auch jene von Apple. Obwohl er theoretisch auch Flash-Videos abspielen kann, ist er kein fancy Mediencenter – man sieht ja auf diesen Videos fast nix.
Was soll ich mit all den heutigen, die müde 15-20h Akkulaufzeit haben, meist nur wenige Formate abspielen können, aber dafür lauter Features draufhaben, die ich alle nicht brauch? Ausnahmen, die ich mir tatsächlich kaufen würde, gibt es kaum, welche die ich mit gutem Gefühl kaufen würde, derzeit keine.

Ich rede von meinem alten E-Bookreader, der noch Tasten hat und nicht mit Wischerei bedient wird. Er tut was er soll: Ich kann damit ebooks lesen und mir Onlineartikel draufschicken um sie offline lesbar zu machen. Er schont meine Augen, er ist mobil. Ich kann die Bedeutung mir unbekannter englischer Wörter abrufen.
Ein Upgrade auf Wischbarkeit ist für mich einfach nicht sinnvoll. Statt klicken wische ich. Statt mit dem curser schnell zu dem Wort zu klicken, das ich doch mal nachschlagen will, tapse ich drauf, nur minimal schneller und ich bin sowieso immer zu faul um irgendwas nachzuschlagen. Es bringt nichts.

Oh und meine Akustikgitarre. Sie ist 30 Jahre alt, gehört glaub ich eigentlich meiner Schwester. Klar war ich mir mit 15 viel zu cool für sowas Spießiges wie Akustikgitarren oder – noch schlimmer: ein Klavier. Aber meine e-Gitarre hab ich seit 10 Jahren nicht mehr angegriffen. Ich hab irgendwann eingesehen, dass ich beim Musikmachen ein Akustikgitarrenmädchen bin und aus mir niemals ein Punkrockbalg oder eine Metalbraut wird. Ich hab auch nie wirklich die ganzen Effekte am Effektgerät genutzt (ein ziemlich fettes Teil) und grade rockige Verzerrungen brauchen eine gewisse Lautstärke, die ich meinen Nachbarn nicht antun kann. Ich spiel auch einfach viel lieber clean. Ich mag keine Powerchords (das sind so abgespeckte Akkorde, die man verwenden muss, wenn man stark verzerrt, weil sonst der Klang völlig übersteuert) und ich zupfe viel lieber hübsche Folk-Muster mit den Fingern.
Eine Akustikgitarre ist mobil, kein Gekabel nervt, man braucht keine Zusatzgeräte (außer einem Capo und einem Stimmgerät, beides sehr platzsparend), sie hat einen schönen Klang und sie ist leichter als die elektrifizierte Version.

Was genau mich an leicht veralteter Technik begeistert?
Als INFJ, Teil eines Menschenschlags der extrem zukunftsfokussiert denkt, irritiert es mich manchmal ein bisschen, wie sehr ich teilweise an altem Zeug hänge. Wie wenig mich oft die aktuelle(re) Version überzeugt.
Aber es sind teilweise pragmatische Gründe: das ältere Zeugs ist meistens besser verarbeitet (weil in unserer Konsumkultur ja schnell was Neues gekauft werden muss, wegen Wirtschaftswachstum, und weil wir immer mehr für immer weniger Geld haben wollen), es ist oft besser durchdacht (weil sich durchgesetzt hat was funktioniert) und – es ist meistens schon da und muss nicht neu gekauft, neu produziert werden.

Und dann sind es ideologische Gründe. Ich sehe die Zukunft weit weniger high tech, als sich die meisten das wohl so ausmalen (hab ja hier schon drüber geschrieben). Wir werden uns im postfossilen Zeitalter oft wieder auf „alten Kram“ besinnen müssen. Muskelkraft als Energiequelle, teilweise De-Maschinisierung. Handkurbel statt Elektro beim Kuchenteigmixen? Vielleicht. Wo wir elektrische oder gar fossile Energie verwenden wird wieder stärker durchdacht werden. Es wird auch wichtig werden, dass Geräte und Produkte an Komplexität verlieren, sodass es uns wieder leichter möglich sein wird, selbst zu reparieren. (Oder überhaupt zu reparieren…)
Ich bin mit (kunst)handwerklich geschickten und begeisterten DIY-Eltern aufgewachsen, meine Mutter lebt den Quality-over-Quantity-Gedanken. Auch das hinterlässt natürlich seine Spuren.

Ich hab übrigens schon mal darüber sinniert: Technik-Leapfrogging.
Die Beispiele, wo alles grade etwas aus den Fugen läuft, häufen sich. Letztens hat dieser Artikel seine Kreise durch die Onlinewelt gezogen, wo Apple für schlechtes Design kritisiert wird (also eines, wo die Verwendbarkeit eines Geräts stark leidet). Ist zwar länger, zahlt sich aber echt aus zu lesen!

Was ist deine liebste „veraltete“ Technik?

materialfehler hat ein Smartphone – die ersten 2 Monate

Angefangen hats mit diesem Tweet:

Der 17. September 2015 – der Tag, an dem ich nachgab und jetzt auch so ein kack Smartphone hab

— Tordis Alverlund (@materialfehler) 17. September 2015

Oder eigentlich hats vorher noch angefangen.

Bis zum Sommer 2015 habe ich nie das Bedürfnis gehabt, ein Wischtelefon zu besitzen. Ganz im Gegenteil, ich wollte ganz dringend keines haben. Es konnte nix, das ich nicht lieber mit dem Laptop oder Tablet machen wollte.
Generell bin ich immer so, dass ich neue Dinge und Entwicklungen erstmal beobachte, so auch bei den Tablets. Seit 2013 hab ich deswegen eines (ein gebrauchtes), weil ich einen sehr fetten Stapel an Papers für Uni und Diplomarbeit mobil bei mir tragen konnte und die Textmarkerfunktion war auch genial. Bildschirmgröße mit 10 Zoll auch optimal für mich, und ich brauch die Tablet/Smartphone-Funktionen ja unterwegs kaum.

Diesen Sommer gab es einige Situationen, wo ich mobiles Internet dringend gebraucht hätte. Da hätte ich allerdings auch eine Simkarte in das Tablet stecken können, vielleicht prepaid oder sowas. Trotzdem hab ich das Gefühl gehabt, jetzt doch wirklich ein Smartphone zu benötigen. Weil mein Freund so nett ist, hat er mir sein Reservehandy geschenkt, ein iPhone4 von 2011. Für 30€ repariert und schon hat man also ein Smartphone.

Die ersten Tage waren irgendwie witzig, weil ich eine unglaubliche Aggression auf das Ding gehabt hab, wenn ichs nur angeschaut hab. Dabei hat es mir gar nix getan, es war nicht lästig und gar nix. Aber die Simkarte wurde kleiner geknipst, damit sie in das Smartphone passt und so war kein Weg zurück zu meinem alten tollen Handy, das NIX kann, außer telefonieren, smsen und bei einer SMS Miau machen (Es kann miau machen!!! Damit hab ich immer alle Katzenmuttis um mich herum ganz nervös gemacht).
Es war irgendwie fast ein kleiner Kulturschock.

Der Unterschied zum alten Tastenhandy hat sich im Alltag gar nicht so stark bemerkbar gemacht, weil ich bereits ein Tablet gehabt hab und sich so die Nutzung nur aufgeteilt hat.

Meine Plusse und Minusse

Der Plural schaut geschrieben sehr seltsam aus, deswegen bleibt das so.

Was ich am Smartphone gut finde

  • Im Gegensatz zum Tablet lockt mich die intensive Internetnutzung auf dem Mikro-Bildschirm (3,5 Zoll) so überhaupt nicht. Es wird das notwendigste nachgeschaut, das wars. Dadurch verleitet es mich auch nicht dazu, beim kurzen Emailschecken einfach mal weiterzusurfen. Mir kommt vor, die Zeit die ich online verbringe, ist etwas zurückgegangen. Aber ich kann mir das auch einbilden.
  • Ich kann die meiste Zeit meinen Laptop, und nun auch mein Tablet, einfach verräumen. Dadurch liegt weniger Zeug und Gekabel herum.
  • Normalerweise plapper ich so viel, dass auch meine Chatmitteilungen gerne halbe Romane werden. Das finde ich nicht immer so gut. Durch die nervige Mikrotastatur, die trotzdem das halbe Display verdeckt, halte ich mich ganz automatisch kurz. Kürzer jedenfalls. (Kommentar vom Freund: „Oder so.“)
  • Dass es alt und klobig ist <3 Ich liebe alte und klobige Technik einfach!
  • Es ist durch die Größe viel mobiler als mein 10“ Tablet. Ich mags nicht, Zeug mit mir rumschleppen zu müssen, das sich so schwer anhängt.
  • Wenn ich Leute besuche, v.a. über Nacht, hab ich mein eigenes Internetgerät dabei. War schon öfters angenehm.
  • Ich finde es gut, dass mein Wischtelefon klein und etwas klobig ist und deswegen gut in meiner Hand liegt.

Was ich am Tastenhandy gut finde

  • Dass es Miau machen kann. Wichtiges Feature.
  • Dass der Akku 2 Wochen hält.
  • Dass man damit wirklich nur telefonieren und smsen und die Uhrzeit ablesen kann. Radio hat es glaub ich auch, aber sonst nix, auch keine Kamera.
  • Es ist äußerst robust. Beim Smartphone hab ich immer Angst, aber das Tastenhandy schmeiß ich einfach in die Tasche. 
  • Es ist sehr leicht und liegt dank Klobigkeit gut in meiner Hand.

Negatives zum Wischtelefon

  • Ich habe jetzt drei Geräte (Laptop, Tablet, Smartphone), deren Funktionen sich so stark überlappen, dass ich nach wie vor nicht sicher bin, wie sie sich rechtfertigen.
  • Man muss es natürlich oft aufladen
  • Mein Wischtelefon ist ziemlich schwer, weil es scheinbar aus Metall und Glas ist. Ist zwar super wegen Verarbeitung und Haltbarkeit, aber halt auf Dauer nicht so fein zum Halten.
  • Es hat sich nicht als All-in-one-Lösung herausgestellt. Natürlich hab ich alle Funktionen ausprobiert. Aber:
    • Ich bin mit meinem Papierkalender sehr viel schneller beim Eintragen und Nachschauen.
    • Auch Notizen mach ich mir lieber im Notizbuch oder am Laptop. Wozu kann ich bitte Maschinschreiben. 
    • Vermutlich wird sich auch die To-Do-Listen-App nicht gegenüber einer analogen Version durchsetzen.
    • Die Kamera macht mir keine Freude, wenn die Fotos schön werden sollen, oder halbwegs farbgetreu. Ständig wird überbelichtet oder unterbelichtet und man kann überhaupt nix einstellen. Mir diese Foto-Apps anzuschauen ist mir zu mühsam.
    • Musik hab ich gar nicht erst drauf, weil mich iTunes als Linux-Userin und die eingeengten Datei-Endungen schon am Tablet so genervt haben. Und weil ein Smartphone eh auch so schon so viel Saft zieht, verschwende ich den nicht auch noch zum Musikhören. Mein Audioplayer kann flac und ogg und alle Appleformate gleich mit und außerdem hat er 60h Akkuzeit. Nimm DAS, schwächliches Kanonenhalteseil Smartphone.
    • Spiele interessieren mich auf dem 3,5“-Display echt nicht. Hab ein paar ausprobiert. WTF.
    • Das Tablet hat sich schon als nicht besonders angenehm für die Augen herausgestellt, was ebooks angeht. Das gleiche, nur in winzig… nö.
    • Sobald mein Lichtwecker repariert (oder ersetzt 🙁 ) ist, hat auch die Weckfunktion eher ausgedient. Ich mag auch so ein strahlendes Teil nicht die ganze Nacht in Kopfhöhe haben. Den Flugzeugmodus vergesse ich ständig, auszuschalten, und dann maulen die Leute wieder, dass ich „nie“ erreichbar bin. 
  • Zuerst wollte ich bei den positiven Seiten schreiben, dass es mir umso leichter fällt, mit Freunden Kontakt zu halten. Aber jetzt bin ich mir nicht mehr sicher. Muss ich denn beim Einkaufen oder Arbeiten Chatmitteilungen beantworten, oder kann das auch warten bis ich daheim bin? Statt dass man sich eine Stunde auf einen Menschen konzentriert, um mit ihm zu plaudern, zerfasert das Gespräch. 
  • Ob ich das wirklich brauche, dass ich überall mein eigenes Internetgerät dabei hab (bei Übernachtungen zb), das weiß ich eigentlich nicht. Ich mein, ich könnte auch ein Buch dabei haben. Ich muss ja nicht unbedingt abends im Bett chatten und Artikel lesen, wenn die Gastgeberin schon früher ins Bett musste. 
  • Und dann ärgert mich einfach sehr vieles bei Apple: geplante Obsoleszenz auf Softwareebene, Bevormundung, schlechtes Design (wurde das nicht früher mal in höchsten Tönen gelobt?). Aber ich hätte auch nie ein Apple-Produkt gekauft, iPhone und iPad sind zufällig zu mir gekommen.

Was hat sich durch das Wischtelefon verändert?

Gar nicht so viel, wie ich zuerst gedacht hab.

Viele Funktionen haben sich wie gesagt nicht durchgesetzt.
Einige Funktionen sind ident mit jenen vom Tablet. Statt dass ich zB übers Tablet chatte, tippe ich halt kurze Chatnachrichten am Handy.
Es gibt nur zwei Dinge, die jetzt neu sind, und zwar nur unterwegs (daheim hab ich ja eine Alternative): Ich nutze selten die „Navigation“ (Adressen, Öffis, Öffnungszeiten, Stadtplan) und ich schreib manchmal eine kurze Chatmitteilung wenn ich wo warte.
Zu so einem Zombie, der überall am Handy herumwischen muss, sogar wenn er sich mit Freundein trifft, bin ich zum Glück nicht geworden. Anfangs hab ich zwar unterwegs schon bei jeder Gelegenheit herumgewischt, neues Spielzeug und so, aber das hat sich schnell wieder verlaufen.
Was mir nicht so recht in den Kram passt, ist dass ich jetzt 3 Geräte hab mit stark überschneidenden Funktionen. Unterwegs Adressen nachzuschlagen ist zwar ungemein praktisch, aber selten in Gebrauch. Und der einzige Bereich wo mir ein Smartphone wirklich etwas bringt. Keine Ahnung, ob ich beim Smartphone wirklich bleiben werde, so auf Dauer gesehen (im Sinne von, wenn das Ding mal kaputt wird).
Aber irgendwie mag ich das Wischding auch und ich bin froh, dass ich das jetzt testen und beobachten darf. Ich finde es auch interessant, wieder mal zu beobachten, dass die neuen Versionen gar nicht immer den alten überlegen sind, wenn man genau hinschaut.

Was sind deine Erfahrungen mit Tastenhandies und Smartphones?